W A H L P R Ü F S T E I N E   acht an der Zahl

 zur Oberbürgermeisterwahl der Landeshauptstadt Potsdam 2018

6   Stadt und GeschichtE

Was sind aus Ihrer Sicht Gründe für den stadtpolitischen Streit?

Welche Zukunft sehen Sie für die zwei verbliebenen Bauten der Nachkriegsmoderne in der Potsdamer Innenstadt, dem Wohnhaus am nunmehr ehemaligen Staudenhof und dem ehemaligen Terrassenrestaurant "Minsk"?

Wie stellen Sie sich die Entwicklung des historischen Ortes Garnisonkirche vor?

Janny Armbruster

Was sind aus Ihrer Sicht Gründe für den stadtpolitischen Streit?

 

Ich teile in diesem Punkt Ihre Sichtweise so nicht. Ich möchte vielmehr erreichen, dass wir die zum Teil überhöht ideologischen Debatten überwinden, weil sie meiner Meinung nach bislang entweder allzu theoretisch abgehoben oder allzu dogmatisch waren und unsere Stadt deshalb nicht weiterbringen. Was beispielweise trägt der Potsdamer Kulturkampf zwischen angeblicher Barockisierung und Rettung der Ostmoderne zu der Frage bei, wie wir heute und in Zukunft Stadtstruktur und Stadtarchitektur gestalten wollen? Wieviel Energie haben wir schon in solchen Diskussionen verschwendet? Das hat die Stadtgesellschaft gespaltet, anstatt sie in eine produktive Kontroverse zu führen. Ich meine damit ausdrücklich nicht, dass wir unsere Streitthemen unter den Tisch kehren sollten. Aber ich will dazu beitra-gen, dass eine andere Streitkultur entsteht, in der Diskussionen kreativ und produktiv ausge-tragen werden. Dazu habe ich weiter oben schon einiges gesagt.

 

Als Oberbürgermeisterin werde ich mich jedenfalls nicht hinter solchen Positionen verschan-zen, sondern ich werde im Dialog mit den Beteiligten und Betroffenen die qualitativ besten Lösungen suchen. Und die kann, ja muss bei der Wiedergewinnung der Stadtmitte eben an-ders aussehen als am Brauhausberg oder im Fall des Kreativzentrums und der Garnisonkirche.

 

Welche Zukunft sehen Sie für die zwei verbliebenen Bauten der Nachkriegsmoderne in der Potsdamer Innenstadt, dem Wohnhaus am nunmehr ehemaligen Staudenhof und dem ehe-maligen Terrassenrestaurant "Minsk"?

 

Wir haben in unserer Potsdamer Stadtmitte wiedergewonnene Straßenzüge und Plätze, die für Menschen und nicht für Autos gedacht sind. Wir haben ein rekonstruiertes Stadtschloss, in dem statt Königen und Kaisern ganz republikanisch unsere gewählten Volksvertreter resi-dieren, wir haben das Museum Barberini und das Alte Rathaus als öffentliche Kulturzentren ersten Ranges, wir haben Geschäfts-, Gast- und Wohnhäuser, und bald werden wir an der Stelle der ehemaligen Fachhochschule lebendige Straßenzüge und Häuser zum Wohnen, Arbeiten und Leben haben, die für alle Menschen da sind und nicht für wenige Spezialisten. Also auch genossenschaftlicher Wohnungsbau, auch sozialer Wohnungsbau.

 

Ich persönlich bin deshalb den mutigen Menschen ungeheuer dankbar, die nicht erst heute, sondern schon vor mehr als 25 Jahren die Potsdamer Mitte neu gedacht haben und von der autogerechten Betonplanung einer Nachkriegsmoderne abgegangen sind, wie sie nicht nur in der DDR sondern ebenso in der BRD zu inhumanen Stadtstrukturen geführt hat. Wir ern-ten in der Wiedergewinnung der alten Stadtmitte die Früchte ihrer mutigen Entscheidungen. Und ich denke, wir sollten nun auch selbst mutig genug sein, diesen Gestaltungswillen nicht nur für die Stadtmitte sondern für die ganze Stadt aufzubringen. Denn diesen Mut brauchen wir, wenn wir das Potsdam der Zukunft gestalten wollen.

 

Ich stehe für eine Stadtentwicklung, in der die reichhaltige Baukultur und das UNESCO Weltkulturerbe in Potsdam gewürdigt und geachtet werden. Ja, Potsdamer Stadtgestaltung lebt von seiner ganzen Geschichte, auch von ihren Brüchen und Widersprüchen. Die Gast-stätte „Minsk“, das Hotel Mercure, das Rechenzentrum oder der Staudenhof sind Beispiele für die aufgebrochenen Konflikte zwischen historisch gewachsener Stadtgestalt und Ost-Moderne der DDR. Es gibt noch mehr Beispiele dafür in der Stadt. Ich will, dass diese Kon-flikte durch eine gelebte Auseinandersetzung so gelöst werden, dass eine neue Qualität ent-steht: Stadträume, in denen Geschichte in ihren verschiedenen Phasen erlebbar bleibt und moderne Architektur Kontrapunkte setzt im Sinne einer Weiterentwicklung Potsdamer Bau-kultur für das 21. Jahrhundert.

 

In der Bebauung des Brauhausbergs sehe ich gute Chancen, das „Minsk“ als markantes Identifikationsobjekt der Ostmoderne zu erhalten und funktional mit moderner Stadtarchitek-tur zu verbinden. Deshalb haben wir Bündnisgrünen gemeinsam mit der Linken und den An-deren in der Stadtverordnetenversammlung gegen den Willen des Oberbürgermeisters, der SPD und CDU für eine entsprechende Korrektur des schon angelaufenen Ausschreibungs-verfahrens gesorgt.

 

Das Gebäude des Staudenhofs muss sicher neu betrachtet werden, und zwar wenn nach dem Abriss des alten Fachhochschulgebäudes die Quartiere der wieder gewonnenen Stadt-mitte gebaut werden und ihr städtebaulicher Anschluss an die Umgebung zur Debatte steht. Erst dann kann nach einer entsprechenden Untersuchung geklärt werden, ob die Sanierung des Staudenhofs oder ein Neubau sinnvoller ist. In jedem Fall werde ich als Oberbürgermeis-terin sicherstellen, dass keine Gentrifizierung stattfindet, also die jetzigen Mieter – viele älte-re Menschen, aber auch Studierende – dort auch künftig wohnen können.

 

Wie stellen Sie sich die Entwicklung des historischen Ortes Garnisonkirche vor?

 

Inwiefern Orte und Gebäude mit Geschichte aufgeladen sind, darüber gehen Meinungen und Positionen mit Fug und Recht weit auseinander. Bei einer extremen Auffassung allerdings, Gebäude und Orte könnten durch ihren geschichtlichen Kontext so vergiftet sein, dass sie nie wieder benutzt oder hergestellt werden dürften, hätte nach dem Holocaust und all den Nazi-Schandtaten eigentlich ganz Deutschland nicht wieder aufgebaut werden und hätte im Reichstagsgebäude nach dem Ermächtigungsgesetz für Hitler nie wieder ein Parlament tagen dürfen. Was bleibt uns, als mit unserer Geschichte zu leben, sie zu bewahren und aus ihr zu lernen? Der Bundestag im umgebauten Reichstagsgebäude als Zentrum unserer neuen parlamentarischen Demokratie oder das Ensemble der Kaiser Wilhelm Gedächtniskirche als Mahnmal für den Frieden sind für mich überzeugende Beispiele dafür, wie ge-schichtsträchtige Orte zukunftsorientiert entwickelt werden können.

 

Sicher atmete unsere Potsdamer Garnisonkirche, wenn man so eine Metapher bemühen will, nicht den gleichen geschichtlichen Geist wie zum Beispiel die Frankfurter Paulskirche, son-dern so ziemlich das Gegenteil. Sie war aber immer – wie andere Kirchen auch – Ort christ-lich begründeten Glaubens. Durch den Krieg beschädigt, aber noch von einer Kirchenge-meinde genutzt, wurde der Bau auf Befehl Ulbrichts durch das DDR-Regime physisch eliminiert. Ich akzeptiere grundsätzlich die Entscheidung von Christen in unserer Stadt, diese Zerstörung nicht als letzte Antwort der Geschichte hinzunehmen sondern sich an den Wie-deraufbau dieser Kirche zu machen. Gerade als jemand, der in der DDR aufgewachsen ist, möchte ich nicht noch einmal erleben, dass einer Glaubensgemeinschaft, die sich im Rah-men unserer Verfassung bewegt, aus politischen Gründen Vorschriften gemacht werden. Dies widerspricht in jeder Weise dem Geist des alten wie des neuen Potsdamer Toleranzedikts.

 

Persönlich freue ich mich jedoch sehr darüber, dass die Stiftung Garnisonkirche ihr Projekt in den Dienst der Kreuzkirchenidee und der Versöhnungsarbeit gestellt hat. Das ist für mich – auf geistiger Ebene - durchaus Konversionsprojekten der Stadtentwicklung vergleichbar, die Kasernen in friedliche Nutzungen überführt hat. Ich würde mich deshalb freuen als Oberbür-germeisterin im Verwaltungsrat der Stiftung mitzuarbeiten. Rein städtebaulich halte ich die Wiedererrichtung des Garnisonkirchenturms für einen Gewinn. Wir werden in Konturen auch bald sehen, welche Kontrapunkte er und das Rechenzentrumsgebäude ergeben. Ob, wie von der Stiftung angestrebt, auch das Kirchenschiff in der historischen Gestalt und Funktion wiedererrichtet werden sollte, darüber möchte ich die öffentliche Diskussion gerne fortsetzen. Ich würde mich sehr freuen, wenn bei der Stiftung die Einsicht weiter an Boden gewinnt, dass an Stelle des Schiffs andere funktionale und räumliche, also auch moderne stadtgestal-terische Perspektiven entwickelt werden können, die den gelebten Versöhnungswillen des Projekts zum Ausdruck bringen.

Lutz Boede

Was sind aus Ihrer Sicht Gründe für den stadtpolitischen Streit?

 

Dass der Streit um Potsdams Stadtmitte so unerbittlich geführt wird, liegt vor allem daran, dass der Stadtumbau mit geradezu missionarischem Eifer verfolgt wird. Ohne Rücksicht auf die Belange anderer und koste es, was es wolle, setzen hier einflussreiche Personen und Gruppen ihre Vorstellungen vom barocken Idealbild der Innenstadt um. Dazu kommt, dass diese Leute zu den zentralen Fragen der Stadtentwicklung bis heute ein Votum der Bevölkerung blockiert haben und sich einer demokratischen Klärung verweigern. Stattdessen steht in der Potsdamer Mitte die Machtfrage: Wem gehört die Stadt? Und die Antwort wurde durch die Rathauskooperation in den letzten Jahren nie gewaltfrei und demokratisch gegeben, sondern mit Abrissbaggern und Hinterzimmerdeals.

 

Welche Zukunft sehen Sie für die zwei verbliebenen Bauten der Nachkriegsmoderne in der Potsdamer Innenstadt, dem Wohnhaus am nunmehr ehemaligen Staudenhof und dem ehemaligen Terrassenrestaurant Minsk?

 

Beide Gebäude würde ich gern erhalten. Der geplante Abriss des Staudenhofes würde für die städtische ProPotsdam einen Millionenschaden bedeuten. Das Wohnhaus muss natürlich saniert werden. Kleine Wohnungen mit günstigen Mieten werden dringend benötigt. Das Minsk sollte im städtischen Eigentum bleiben und trotz seines schlechten Zustandes als wertvolles Architekturzeugnis der DDR-Zeit erhalten werden. Ich kann mir eine öffentliche Nutzung als Kita oder Schule vorstellen. Aber auch ein Kunsthaus mit Ausstellungsflächen und mit Proberäumen im Keller wäre eine interessante Variante.

 

Wie stellen Sie sich die Entwicklung des historischen Ortes Garnisonkirche vor?

 

Ich wünsche mir an dieser Stelle einen Lern- und Erinnerungsort, der sich mit der Militärgeschichte der Stadt und mit ihrer NS-Zeit auseinandersetzt. Der historische Ort ist eigentlich zu schade für das selbstgebastelte Geschichtsbild der Garnisonkirchenstiftung. Hier sollte eine anerkannte wissenschaftliche Einrichtung nach modernen Konzepten arbeiten. Dazu wird keine Turmattrappe benötigt und das Rechenzentrum kann gern stehen bleiben.

Götz Friederich

Was sind aus Ihrer Sicht Gründe für den stadtpolitischen Streit?

Welche Zukunft sehen Sie für die zwei verbliebenen Bauten der Nachkriegsmoderne in der Pots-damer Innenstadt, dem Wohnhaus am nunmehr ehemaligen Staudenhof und dem ehemaligen Terrassenrestaurant "Minsk"?

Wie stellen Sie sich die Entwicklung des historischen Ortes Garnisonkirche vor?

 

Sie berühren mit diesen Fragen einen für die Potsdamerinnen und Potsdamer wichtigen Punkt. Wie sollen wir mit unserer Geschichte umgehen, vor allem mit der preußischen und der DDR-Geschichte? Mich hat in den vergangenen Jahren immer wieder geärgert, dass viele Akteure emo-tional und ideologisch debattiert haben. Einerseits ärgert mich der Furor, mit dem einige Akteure das DDR-Erbe regelrecht auslöschen wollen. Andererseits kann ich die emotional aufgeladene Gar-nisonkirchen-Diskussion nur begrenzt nachvollziehen.

 

Maßgeblich sind zunächst die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung, denn die Stadtver-ordneten sind von den Potsdamerinnen und Potsdamern demokratisch gewählt worden. Ihre Be-schlüsse sind bindend. Das gilt für alle Oberbürgermeister. Ich warne davor, demokratisch ge-troffene Beschlüsse beliebig oft neu verhandeln zu wollen. Das hilft nicht weiter. Stadtentwicklung ist ein langwieriger Prozess, den man zwar immer wieder anpassen muss, jedoch nicht so einfach radikal ändern kann.

 

Die Gründe für den stadtpolitischen Streit sind vielschichtig und leider oft ideologisch. Ich plädiere dafür, abzurüsten und stattdessen pragmatisch auf die Potsdamer Mitte zu blicken – denn machen wir uns nichts vor: Die Grundsatzentscheidungen sind gefallen, die Leitbauten sind definiert. Ich bin nicht der Typ, der die Schlachten von gestern und vorgestern führt.

 

Also der pragmatische Blick: Mit dem Palais Barberini hat die Stadt einen wunderbaren Anzie-hungspunkt gewonnen, der Besucher aus aller Welt anzieht. Mit dem Barberini, dem Landtag und der Garnisonkirche kann Potsdam eine Achse wiedergewinnen, die in den Zeitläuften verlorenge-gangen ist. Persönlich finde ich das private Engagement für den Wiederaufbau der Garnisonkirche gut und wertvoll. Ich selbst habe mich bei vielen Projekten ehrenamtlich engagiert, beispielsweise bei der Gründung der evangelischen Grundschule in Babelsberg, bei der PSU Potsdamer Sport-Union 04 oder beim Wiederaufbau der Kirche am Neuendorfer Anger. Ich weiß daher, welch große Integrationskraft solche Projekte haben können.

 

Auf dem Weg zur neuen Potsdamer Mitte ist aus meiner Sicht jedoch unnötig Porzellan zerschlagen worden, zum Beispiel bei der Diskussion um die Fachhochschule und in der unsäglichen Debatte um das Mercure.

Mike Schubert

Was sind aus Ihrer Sicht Gründe für den stadtpolitischen Streit?

Welche Zukunft sehen Sie für die zwei verbliebenen Bauten der Nachkriegsmoderne in der Potsdamer Innenstadt, dem Wohnhaus am nunmehr ehemaligen Staudenhof und dem ehemaligen Terrassenrestaurant „Minsk“?

Wie stellen Sie sich die Entwicklung des historischen Ortes Garnisonkirche vor?

 

Sie stellen Ihren Fragen Thesen voraus. An dieser Stelle nehme ich das auch für meine Antwort in Anspruch. 

Dass der Umbau der Potsdamer Mitte „die Stadtgesellschaft deutlich polarisiert“, sagen Sie. In den jährlichen Bürgerumfrage der Stadt LEBEN IN POTSDAM, akribisch repräsentativ durchgeführt, spiegelt sich das nicht. Die Potsdamerinnen und Potsdamer empfinden den Verkehr in unserer Stadt als Problem, 40% der Befragten, und das Wohnen, 18%. Die Potsdamer Mitte nennen 3%. Trau keiner Statistik die du nicht selbst gefälscht hast, sagt man gern. Doch diese jährlichen Umfragen sind handwerklich solide gemacht und wissenschaftlich anerkannt.

https://www.potsdam.de/sites/default/files/documents/stat_info_4_2017_bu_2017.pdf S. 27.

 

Der Streit spaltet aus meiner Sicht nicht die Stadtgesellschaft, aber es gibt ihn, natürlich. Gründe sehe ich im Generationenwechsel. Die ersten Streiter für einen Stadtumbau hin zu Potsdams alter historischer Mitte waren 1989/90 in ihren so genannten besten Jahren und auch geprägt vom Einsatz für die historische Potsdamer Bausustanz zu DDR-Zeiten. Heute sind die Kinder von damals in den besten Jahren.

 

Und viele sagen oder denken sich: Das, was i h r nicht mehr wolltet, ist m e i n Potsdam gewesen, meine Kindheit, meine Prägung. Ich war auf dem Weihnachtsmarkt, wo jetzt der Alte Markt ist, ich saß auf den Treppen der FH, und ich habe im alten Bad schwimmen gelernt. Auch das war meine Stadt, kein  Wegwerfmodell, und gehört dazu. Ich muss diese Position nicht teilen, aber ich akzeptiere sie. Denn ich kenne als Potsdamer Junge natürlich dieses Gefühl. Achtung vor der anderen Position und vor den Lebenswegen der ab 1960 Geborenen hilft in diesem Streit.

 

Zu Staudenhof und Minsk: Für den Staudenhof gilt ein Moratorium bis 2022. Er steht jetzt nach Abriss der alten Fachhochschule als Solitär am Rand des Alten Marktes. Dort schreitet die Bebauung fort. Ob er stehen bleibt oder ob anderer günstiger Wohnraum an der Stelle kommt, entscheiden wir mit der ProPotsdam bis 2022.

Beim Minsk geht es mir nicht so sehr um das Haus, sondern um den Brauhausberg. Ich finde, und das habe ich schon gesagt, die Diskussion um das ganze Areal zu geldzentriert. Die Stadtwerke verkaufen zum Höchstpreis und nicht nach Konzept. Immerhin geht es beim Brauhausberg um den Eingangsbereich zur Stadt, und wir wissen nicht wirklich, wie die Entwürfe dafür aussehen und was für ein Quartier das wird. Wenn die Stadtverordneten entscheiden sollten im September, dass das das Minsk stehen bleibt, dann nur mit einer öffentlichen Nutzung.Wenn nicht, ist eine Festschreibung von einer Sozialwohnungsquote für den Berg das Mindeste.

 

Garnisonkirche:

Mindestens bis Ende 2023 werden der Turmbau und dann der Turm der Garnisonkirche und das Rechenzentrum

als Raum für die Potsdamer Kreativwirtschaft nebeneinander existieren. Welche Rolle soll ein zukünftiger Oberbürgermeister im Konflikt zwischen Befürwortern und Gegnern des Wiederaufbaus der Garnisonkirche einnehmen? Ich will mit beiden Seiten Gespräche darüber führen, wie der Garnisonkirchturm ein Ort wird, wo unmissverständlich deutlich wird, dass wir aus der wechselhaften Geschichte gelernt haben. Zu den Gesprächen würde ich noch in 2018 einladen, um bereits für das Jahr 2020, in dem sich das Ende des 2. Weltkrieges und die Bombardierung von Potsdam zum 75. Mal jährt, eine gemeinsame Form des Erinnerns und Gedenkens zu finden. Dass das auch der wissenschaftliche Beirat der Garnisonkirche so sieht, der gerade vorgestellt wurde, freut mich. Und auch, dass Professor Nolte als Vorsitzender des Beirats zur Frage nach dem Kirchenschiff meint, dass er das nicht in Vordergrund rücken würde jetzt und es erst einmal um den Turm geht. Das sehe ich genauso.

Martina Trauth

Was sind aus Ihrer Sicht Gründe für den stadtpolitischen Streit?

 

Die Stadtoberen und politische Mehrheiten in der Stadtverordnetenversammlung haben es seit der Wende nicht wirklich verstanden, die verschiedenen Interessen der Potsdamer Zivilgesellschaft, der alten wie der neuen, der armen wie der reichen Potsdamer*innen zu einem Ausgleich zu bringen. Die Rathausspitze hat sich bewusst für eine Nacherzählung der Preußischen Garnisonstadt entschieden. Unter sehr einseitiger Auslegung einer „behutsamen“ Stadterneuerung wurde der Fokus auf die möglichst originalgetreue Wiederherstellung der Stadtmitte gerichtet, dabei der Dialog mit Bürger*innen gar nicht oder nur widerwillig geführt. Der Umgang mit den Bürger*inneninitiativen gegen den Abriss der Fachhochschule, des Mercure, des Minsk als Baukultur der DDR und gegen den Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche sind dafür Beispiele. Das wird es mit mir nicht geben. Ich stehe für eine lebendige Stadt, in der Alt und Neu in einem gleichberechtigten Miteinander existieren. Das gilt für Menschen, die hier leben ebenso wie für die Bauten.

 

Welche Zukunft sehen Sie für die zwei verbliebenen Bauten der Nachkriegsmoderne in der Potsdamer Innenstadt, dem Wohnhaus am nunmehr ehemaligen Staudenhof und dem ehemaligen Terrassenrestaurant "Minsk"?

 

Beide Gebäude gehören für mich mindestens genauso zu der Stadt wie die wiederaufgebauten, preußischen Architekturriesen. Daher werde ich mich für ihren Erhalt einsetzen. Zum Erhalt des Wohnhauses Am Alten Markt 10 habe ich mich bereits geäußert. Ich unterstütze ausdrücklich den von der LINKEN initiierten und von der Stadtverordnetenversammlung gefassten Beschluss zum Erhalt des Wohnblocks, der allerdings auf Initiative der SPD durch einen neuen Beschluss aufgehoben worden ist. Das Haus muss im Eigentum der städtischen ProPotsdam bleiben, saniert und wieder zu bezahlbaren Mieten bewohnt werden. Eine Rückzugsgarantie für Mieter*innen werde ich aushandeln. Ich unterstütze auch alle Bemühungen um den Erhalt des Terrassenrestaurant „Minsk“ und die Suche nach einer öffentlichen Nutzung oder Teilnutzung. Dieses Gebäude muss integraler Bestandteil der Neubebauung am Brauhausberg sein. Das Einstreichen der 27 Mio. EURO aus dem Kauf-Höchstgebot darf nicht über die Zukunft des „Minsk“ entscheiden. Ich werde mich dafür einsetzen, dass diese Bebauung neu ausgeschrieben wird, natürlich ebenfalls mit einer Sozialraumwohnungsquote von 30%.

 

Wie stellen Sie sich die Entwicklung des historischen Ortes Garnisonkirche vor?

 

Der Turmbau zu Potsdam ist (leider) nicht mehr aufzuhalten. Gleichzeitig ist die Öffentlichkeit in der Pflicht, hier genau hinzuschauen. Nach wie vor gelten für mich die Beschlüsse der SVV, dass keine öffentlichen Gelder für den Bau verwendet werden dürfen. Was es zu erhalten gilt, ist das Rechenzentrum in seiner jetzigen wunderbaren Nutzung. Untersuchungen haben ergeben, dass eine Nutzung des Rechenzentrums über das Jahr 2023 hinaus neben dem Turm möglich ist. Diese Option ist aber ohne Not nicht weitergedacht worden. Offenbar scheut auch hier die Stadtspitze den Disput mit der Stiftung Garnisonkirche.